Angekommen in Deutschland verändern sich häufig die familiären Rollen (vgl. Walter/Adam 2003, S. 258). Kinder tragen oft von Beginn an viel Verantwortung und übernehmen Aufgaben der Eltern, wenn sie z. B. bei Behördengängen oder Arztbesuchen ihre Eltern durch Übersetzen unterstützen müssen. Dies kann zu Parentifizierungseffekten führen, die sich negativ auf die Entwicklung der Kinder (vgl. Berthold 2014, S. 33) wie auch auf das Verhältnis zwischen Eltern und Kinder auswirkt. Besonders stark sind die Parentifizierungseffekte, wenn die Eltern, oder ein Elternteil, traumatisiert und emotional nicht verfügbar sind (vgl. Westphal/Motzek-Öz/Aden 2019, S. 255).

Insgesamt sind Kinder mit Fluchterfahrung „öfter auf sich alleine gestellt und müssen, zumindest in Teilbereichen ihres Lebens, viel erwachsener sein und reagieren, als dies [aus unserer westlichen Sicht] für ihr Alter angemessen ist“ (Plafky 2018, S. 543). Andererseits werden dadurch Selbstwirksamkeit, Selbstständigkeit und Reife bei den Kindern gefördert, was sie resilienter machen kann bei der Bewältigung der Herausforderungen ihrer Lebenslage (vgl. Westphal/Motzek-Öz/Aden 2019, S. 255). Spüren die Kinder die Abhängigkeit und Unterlegenheit der Eltern, kann dies auch zu einem Gefühl von Macht und Überlegenheit der Kinder gegenüber den Eltern führen.