Traditionelle Gesellschaften sind entsprechend verschiedener Prinzipien organisiert. Das grundlegendste Ordnungsprinzip ist dabei, dass von einer grundsätzlichen Ungleichheit der Menschen ausgegangen wird (vgl. Kizilhan/Salman 2015, S. 332). Diese Ungleichheit ist mit einer hierarchischen Ordnung sowie mit verschiedenen, festgelegten Verhaltensmustern verbunden, die den Umgang zwischen den verschiedenen hierarchischen Gruppen klar regeln. Für den einzelnen Menschen liegt darin als tieferer Sinn, dass er „sich auf jeder Stufe seines Lebensweges in einem bestimmten, beschreibbaren sozialen Status vorfindet“ (Kizilhan/Salman 2015, S. 332) und dadurch eine „geordnete Sicherheit“ (ebd.) erlebt.

Umgang mit Konflikten

Dieses Ordnungsprinzip zeigt sich auch im gesellschaftlichen Umgang mit Konflikten. Zum einen sind gewisse Konfliktpotentiale durch die starke Reglementierung von vornherein entschärft. Zum anderen wird ein Konflikt zwischen einzelnen schnell durch bestimmte Verhaltensmuster offenkundig und regelbar. Hält eine Person die festgelegte Ordnung nicht ein, so grenzt sie sich selbst vorübergehend oder dauerhaft aus der geordneten Gesellschaft aus. Sie verliert ihre soziale Sicherheit, ihren gesellschaftlichen Status und den zuvor empfangenen Respekt.

Bedeutung von Macht und Religion

Die Verhältnisse zwischen den verschiedenen Status-Gruppen sind durch Machtausübung bzw. das Erdulden der Macht geprägt. Als Legitimierung für die gesellschaftlichen Strukturen und Normen dient in den meisten traditionellen Gesellschaften die Religion, zum Teil aber auch über Jahrhunderte alte Traditionen. Religion ist hier in einem fundamentalistischen Sinn gemeint, „ihre Inhalte, Dogmatik, Rituale und Ethik werden aus der nicht-menschlichen Sphäre abgeleitet und besitzen dadurch ewige Gültigkeit; sie sind zeitlos wie die Gesellschaft, die sich diesem System unterwirft“ (Kizilhan/Salman 2015, S. 332). Die Religion wird hier also als ein kulturbildender Faktor betrachtet, dessen Normen- und Wertesystem sich aus der Deutung der göttlichen Wahrheit ableitet und dessen Gesellschaftsform die Übertragung einer höheren moralischen Ordnung darstellt (vgl. Nagel 2001, S. 9). Dies hat u.a. zur Folge, dass die gesellschaftlichen Machtstrukturen nicht angreifbar oder verhandelbar sind.